St. Mauritius


Wer durch die Kölner Altstadt schlendert, rechnet vielleicht mit einem Kölsch, einem Dom-Blick oder einem verlorenen Touristen – aber ganz sicher nicht mit einer Kirche, die aussieht, als hätten sich ein mittelalterlicher Baumeister und ein Fan moderner Architektur auf halber Strecke die Hand gegeben. Und doch steht sie da: die Kirche St. Mauritius – ein echtes architektonisches Unikat mit einer spannenden Geschichte und ziemlich viel Charakter.

Erstmals 1135 erwähnt (also kurz nachdem Ritter noch ihre Helme selbst poliert haben), stand hier ursprünglich eine romanische Kirche, ganz brav im Dienst des Klosters St. Pantaleon. Im 19. Jahrhundert sagte man sich dann: „Zeit für ein Upgrade!“ und ließ den neugotischen Architekten Vincenz Statz ran, der ordentlich Gas gab und einen Turm hinstellte, der bis heute so tut, als wolle er die Wolken kratzen.

Und obwohl der Zweite Weltkrieg meinte, alles einmal gründlich durchzumischen, hielt sich der Westturm tapfer – wahrscheinlich, weil oben drauf die über 3,5 Meter hohe Statue des heiligen Mauritius steht. Die schaut seither stoisch auf Köln herab, vermutlich mit dem Gedanken: „Ich hab schon Schlimmeres gesehen.“

Doch die Nachkriegszeit brachte frischen Wind – und den Wunsch nach einem Neuanfang. Statt den alten Stil mühsam wiederaufzubauen, entschieden sich die Architekten der 1950er für etwas komplett Neues: eine moderne, polygonale Einraumkirche. Ein bisschen wie: „Weniger gotisch, mehr praktisch.“ Heute trifft also neogotische Turmromantik auf klare Linien, viel Licht und einen Innenraum, der förmlich ruft: „Willkommen in der Zukunft!“

St. Mauritius ist damit mehr als nur eine Kirche. Sie ist ein Zeitreisender aus Stein, der erzählt, wie man sich trotz aller Zerstörung neu erfindet – und dabei sogar noch gut aussieht.

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