Wer durch Köln spaziert und zufällig zum historischen Zeughaus blickt, reibt sich womöglich irritiert die Augen: Sitzt da etwa ein goldener Ford Fiesta auf dem Dach – mit Flügeln? Keine Sorge, Sie haben weder zu tief ins Kölsch-Glas geschaut noch sind Sie in einem surrealistischen Traum gelandet. Das geflügelte Automobil dort oben ist echte Kunst. Und zwar eine der schillerndsten – im wahrsten Sinne – die Köln zu bieten hat.
Die Geschichte beginnt im Jahr 1989, als der Kölner Aktionskünstler HA Schult beschloss, elf Ford Fiesta-Modelle einer künstlerischen Metamorphose zu unterziehen. Titel der Aktion: „Fetisch Auto“. Und wie bei jedem guten Fetisch ging es um Hingabe – in diesem Fall an die automobile Kultur und ihre absurde Allgegenwart. Da wurden Autos in Marmor gegossen, in Wolken verwandelt – und eben auch in Vögel. Goldene, wohlgemerkt.
Der „Goldene Vogel“, wie das geflügelte Exemplar liebevoll getauft wurde, war von Anfang an der Star der Truppe. Vergoldet, mit riesigen Polyesterharzflügeln ausgestattet und offenbar mit genug Schienen im Motorraum beschwert, um notfalls eine Lok zu bremsen, hob er zwar nie wirklich ab, aber landete doch an einem der höchsten Punkte der Stadtgeschichte: dem Turm des alten Zeughauses, Heimstätte des Kölnischen Stadtmuseums.
Natürlich blieb der „Goldene Vogel“ nicht unbemerkt. Während viele Kölner ihn bald als charmantes Stadttier ins Herz schlossen, bekam so mancher Bürokrat Ausschlag: Ein Regierungspräsident versuchte sogar, dem Auto den Abflug zu verordnen – vergeblich. Kunst fliegt eben besser unter dem Radar der Bürokratie.
Heute thront der Fiesta wie ein Wächter der Popkultur über Kölns Altstadt – restauriert, lackiert, geliebt. Die Flügel halten noch, die Genehmigung wird regelmäßig verlängert, und die Frage bleibt: Wenn ein Auto fliegen könnte – wäre Köln nicht genau der Ort, wo es versucht wird?
So oder so: Wer Köln besucht, sollte nicht nur nach dem Dom Ausschau halten – sondern auch nach dem wohl humorvollsten Höhenflug der Kunstgeschichte.
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